Geschichte des Bregenzer Festspielchors 1948 – 2018

 „In schweren Stunden kann die Kunst Trösterin sein, weil sie das Herz weit macht. Nur der ist wirklich arm, der sein Herz verliert“. Walter Scheiner in seinem Vorwort zum „Programm der Bregenzer Festwoche,“ 1946

Die Geschichte des Bregenzer Festspielchors beginnt 1948, zwei Jahre nach der Gründung der Bregenzer Festspiele, mit der im Strandbad aufgeführten Operette „Eine Nacht in Venedig“ von Johann Strauß.[1] Da für diese Operette ein großer Chor erforderlich war und die Festspiele sich finanziell nicht in der Lage sahen, einen Berufschor zu verpflichten, kam es auf Anregung von Karl Fuchs, dem ersten Vorstand des Bregenzer Männerchores zur Bildung des Bregenzer Festspielchors, bestehend aus 35 Damen und 25 Herren.[2] Die Damen kamen aus verschiedenen Kirchenchören aus Bregenz und die Herren vom Bregenzer Männerchor, welcher 1947 aus dem Bregenzer Liederkranz, dem Männerchor Frohsinn-Eintracht und der Sängerrunde Heimatklang ebenfalls von Karl Fuchs zusammengeführt worden war. [3] Einstudiert wurde der Chor 1948 und 1949 von Wilhelm Schosland, dem Chorleiter des Bregenzer Männerchors. Mehr über die ersten 10 Jahre des Festspielchors im Programmheft der Festspiele von 1957

Franz Wipper, „Vater“ des Festspielchors (1950 – 1984) und Gerhard Dallinger (1950 – 1981)

Nachdem Karl Fuchs 1950 überraschend an Herzversagen starb, übernahm der zweite Vorstand des Männerchors Franz Wipper als organisatorischer Leiter des Festspielchors und übte diese Aufgabe 34 Jahre lang bis 1984 aus. Auf seine Initiative wurde der Chor am 11. Oktober 1982 im Rahmen einer Gründungsversammlung im Quellenhof in Bregenz zu einem Verein. Als Ehrenmitglied des Festspielchors und mit dem goldenen Verdienstzeichen der Stadt Bregenz und dem großem Verdienstzeichen des Landes Vorarlberg ausgezeichnet, wird Franz Wipper der „Vater des Festspielchors“ genannt.

Während dieser Zeit war Gerhard Dallinger 31 Jahre lang Chorleiter von 1950 bis 1981. Dallinger war ein Gründungsmitglied des Vorarlberger Landeskonservatoriums in Feldkirch. Alfred Kuppelmayer vertrat ihn 1974 und 1977.

Traditionelles Vereinsleben (1982 – 1999)

Im Juni 1983 wurde das von Helmut Kostka entworfene Vereinsabzeichen vorgestellt und an die Vereinsmitglieder übergeben. 1984 wurde am Beginn der Stadionstraße in Bregenz auch ein „Bregenzer Festspielchorbaum“ eingesetzt und eine kleine Tafel angebracht.[4]  In den darauffolgenden Jahren gab es viele Treffs, Kegelabende und sogar Tagesausflüge. Wer 10, 20, 25 oder 30 Jahre im Chor dabei war, wurde in dieser Zeit nicht nur seitens des Chores sondern auch vom Präsidenten der Festspiele im Rahmen der Dernierenfeier gewürdigt und erhielt Sachgeschenke, eine Ehrennadel, das Ehrenzeichen in Silber oder Gold oder mit Kranz oder sogar eine finanzielle Anerkennung.  In diese traditionelle Vereinszeit fallen die erste Vorstandschaft von Emil Zabrodsky von 1984 bis 1993 und von 1998 bis 2000, sowie von Peter Kleber von 1993 bis 1998, der die 50-Jahr Feier organisierte und deren Festschrift erstellte. Emil Zabrodsky wurde später Ehrenmitglied  und der bislang einzige Ehrenvorstand  des Festspielchors. Er erhielt das Ehrenzeichen der Festspiele und einen Logenplatz auf Lebenszeit, sowie das Stadtsiegel der Stadt Bregenz.

Herlinde Maurer, die gerne zu Kässknöpfle einlud, war zweiter Vorstand von 1988 bis 1992,  Bühnensprecherin von 1988 bis 1998 und darüberhinaus 16 Jahre lang Schriftführerin von 1996 bis 2012. Herlinde Maurer wurde 2002 zum Ehrenmitglied des Festspielchores ernannt und ist das derzeit einzig Lebende.

Die Chorleitung während dieser Zeit übernahm Robert Jud von 1992 bis 2000, Hans-Jörg Gruber von 1982 bis 1985 und 1990 bis 1991 und Wolfgang Schwendinger von 1986 bis1989 und auch 2000 bis 2001, wobei sich ein Umbruch bereits ab 2000 andeutete.

Vom Verein zum Projekt (seit 2000)

Aufgrund des zunehmenden Bekanntheitsgrads der Bregenzer Festspiele wurden auch die Anforderungen an die Sängerinnen und Sänger des Festspielchores seitens der Festspiele immer größer. Für „La Boheme“ 2000 gab es beispielsweise Bewegungs- und Tanztests sowie ein zusätzliches Vorsingen.  Der personelle Umbruch vom traditionellen Verein mehr hin zu einem Projektchor fand unter Markus Landerer statt, der den Festspielchor von 2005 bis 2008 übernahm. Landerer rekrutierte neue Sängerinnen und Sänger, auch vom Landeskonservatorium Feldkirch, an dem er selber lehrte, und er schrieb ein öffentlich ausgeschriebenes Vorsingen aus, an dem über 100 Personen teilnahmen, auch der Autor dieser Festschrift. Benjamin Lack, seit 2009 künstlerischer Leiter des Bregenzer Festspielchors, lehrt ebenfalls am Landeskonservatorium Feldkirch sowie an der staatlichen Hochschule für Musik Stuttgart. Seit 2010 wirkt der Chor an der alljährlichen Opernproduktion im Landestheater Vorarlberg mit, eine Tradition, die bis in die Fünfziger Jahre zurückgeht.

Während dieser Umbruchszeit hielten Manfred Barbisch, erster Vorstand von 2000 bis 2016 und „Chormutti“ Bea Weishäupl den Chor bestens zusammen  und organisierten mit Herlinde Maurer das sechzigste Jubiläum des Festspielchors. Manfred Barbisch war von 1993 bis 2015 aktiv für den Chor auf der Bühne und ist seit 2016 Kassier. Bea Weishäupl, seit 2000 zweiter Vorstand, war von 1997 bis 2016 aktiv auf der Bühne. Seit 2016 führen Simone Toschkoff als erster Vorstand, seit 1999 aktiv auf der Bühne, und Heidi Caviezel als Chormanagerin, seit 2009 aktiv auf der Bühne, den Chor in eine vielversprechende Zukunft.

Über den Autor

Joachim Schneider ist seit 2016 Schriftführer des Bregenzer Festspielchors und Website-Pfleger von www.bregenzerfestspielchor.at.  Seit 2005 ist der Sozialpsychologe und Liederschreiber aktives Mitglied im Festspielchor und im Westallgäu ein Kirchensolist. Sein Motto ist „Das Leben ist zu kurz, um nur unter der Dusche zu singen.“

[1]  „Die Entführung aus dem Serail“ fand 1947 noch im Gondelhafen statt und wurde vom Singkreis der städtischen Musikschule Dornbirn begleitet.

[2] 1948 hieß der Chor noch „gemischter Chores des Bregenzer Männerchores“ und  1949  „Bregenzer Männerchor und Bregenzer Damenchöre“. Den Namen „Bregenzer Festspielchor“ trug die Chorgemeinschaft erst 1950.

[3]  Für Bilder von Aufführungen der Festspiele aus der Gründerzeit  besuchen Sie die Chronik der Bregenzer Festspiele, sowie die Vorarlberger Landesbibliothek https://pid.volare.vorarlberg.at/o:35687

[4] Laut der Stadtgärtnerei Bregenz ist diese Tafel nicht mehr dort.

Vereinsgründung 1984

Vereinsgruendung